Sommerfrische (Gesamtausgabe) by Anne Ashley

Sommerfrische (Gesamtausgabe) by Anne Ashley

Autor:Anne Ashley [Ashley, Anne]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historical
Herausgeber: Mira Taschenbuch im Cora Verlag
veröffentlicht: 2014-05-31T22:00:00+00:00


15. KAPITEL

Von einem Berg Kissen gestützt, saß Abbie im Bett und wartete geduldig darauf, dass eine ihrer selbsternannten Gefängniswärterinnen hereinkam und ihr erlauben würde aufzustehen. Nicht, dass sie unfähig gewesen wäre, sich allein anzukleiden …

Gewiss, am Anfang ihrer Genesungszeit hatte sie sogar, hilflos wie ein Baby, gefüttert werden müssen. Inzwischen war sie zu Kräften gekommen und durchaus imstande, für sich selber zu sorgen. Doch sie wollte sich nicht zu viel zumuten und womöglich zunichtemachen, was Lady Penrose und Miss Felcham, die tüchtige Zofe, einen Monat lang mit unermüdlicher aufopferungsvoller Pflege erreicht hatten. Andererseits fand sie, es sei an der Zeit, wenigstens einen Teil ihrer Unabhängigkeit zurückzuerobern, die ihr so viel bedeutete.

An die ersten Tage nach ihrer Verletzung erinnerte sie sich nur vage. Unter dem Einfluss des Laudanums war sie zumeist benommen gewesen. Von Lady Penrose wusste sie, dass Barton und Josh sie in einem klapprigen alten Karren nach Cavanagh Court gebracht hatten und dass ihr Zustand von Dr. Phelps als kritisch eingeschätzt worden war. Etwa eine Woche lang hatte ihr Leben an einem seidenen Faden gehangen.

Zu ihren wichtigsten Eindrücken gehörte der Anblick ihres Großvaters. Bleich und verhärmt, ein Schatten seiner selbst, hatte er an ihrem Bett gesessen. Angesichts seiner rührenden Besorgnis war es ihr leichtgefallen, ihm alles zu verzeihen, was er ihr in den vergangenen Jahren angetan hatte. Obwohl er niemals zeigte, was ihn bewegte, erkannte sie, wie sehr er sie liebte. Hätte sie sich der Gefühle, die ein anderer Gentleman für sie empfand, doch ebenso sicher sein können …

Immer wieder betonte ihre Patentante, Barton habe in der ersten Zeit viele Stunden lang neben dem Krankenlager Wache gehalten.

Und Abbie wusste tatsächlich noch, dass sie die Umrisse einer hochgewachsenen Gestalt in ihrem Zimmer wahrgenommen hatte, genauso wie die Berührung einer warmen Hand. Indes konnte es auch ihr Großvater gewesen sein, denn Barton besuchte sie nicht mehr oft, seit ihre Kräfte zurückgekehrt waren. Wenn er zu ihr kam, dann nur in Gegenwart anderer.

Es klopfte an der Tür, und der Colonel trat ein und lenkte seine Enkelin von ihren melancholischen Gedanken ab. Seine Kleidung verriet, wie er diesen Vormittag zu verbringen plante.

“Oh, du willst ausreiten, Großvater”, seufzte Abbie wehmütig, nachdem er ihre Wange geküsst hatte – eine zärtliche Geste, die er neuerdings niemals versäumte. “Wie gern würde ich dich begleiten …”

“Das wird dein Zustand bald wieder gestatten. Und glaub mir, mein liebes Kind, darauf freue ich mich genauso wie du.” Ausnahmsweise setzte er sich nicht neben das Bett, sondern ging zum Fenster, bevor er hinzufügte: “Da du fast genesen bist, müssten wir etwas besprechen – nämlich deine Zukunft.”

Deutlich genug hörte sie die Reserviertheit aus seiner Stimme heraus. An diesen Ton hatte sie sich im Lauf der Jahre gewöhnt. Aber diesmal schlug er ihn nicht an, weil sie in Ungnade gefallen war. Stattdessen gewann sie den Eindruck, dass er Unbehagen empfand, vielleicht sogar Reue.

Ihre Vermutung bestätigte er wenige Sekunden später. “In diesen letzten Jahren war ich ein verdammter Narr. Und ich kann dich nur inständig ersuchen, mir zu vergeben, dass ich dich so schlecht behandelt habe.



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